Braucht es eine Wachsverordnung?
Wer Mittelwände kaufen will, steht oft vor einer Herausforderung: Woher weiss ich, ob die Mittelwände qualitativ in Ordnung sind? Ein Wachsstandard könnte bald helfen!
Das Thema Wachsverfälschungen kommt in den Imkerzeitschriften jedes Jahr so sicher wie die Haselblüte. Schon vor einem Jahrhundert wurde berichtet, dass Betrüger Bienenwachs mit billigeren Wachsen streckten. Zuletzt gab es 2016 einen grösseren Wachsskandal. Eines der Opfer war damals Markus Gann, der Mittelwände bei einem Umarbeiter gekauft hatte. Er beobachtete, wie die junge Brut in den Zellen verkümmerte und die Völker immer schwächer wurden – kein Wunder, das Wachs seiner gekauften Mittelwände war mit bis zu 25 Prozent Stearin gepanscht. Gann zeigte den Händler an und forderte mit einer Wachspetition eine bessere Überwachung des Wachses.
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Doch warum beschäftigt uns dieses Thema schon seit Jahrzehnten? Das Problem: Es gibt keine gesetzliche Bestimmung, was Bienenwachs eigentlich ist, deshalb können auch in reinem Bienenwachs fremde Stoffe vorkommen. Diese Gesetzeslücke haben Betrüger immer wieder ausgenutzt. Kontrollen sind nur vorgeschrieben, wenn das Wachs als Lebensmittelzusatzstoff verwendet oder zu einem pharmazeutischen Produkt verarbeitet wird. Das liegt auch an der rechtlichen Einstufung von Bienenwachs. Es gilt nämlich als «Tierisches Nebenprodukt der Kategorie 3»: Hier wird davon ausgegangen, dass Menschen das Wachs nicht essen – dementsprechend sei die Gefahr für Mensch und Biene auch bei Verfälschungen nicht gross.
Forscher der Universität Hohenheim haben aber mittlerweile herausgefunden, dass sich die Bienenbrut bereits bei 7,5 % Stearinanteil nicht mehr wie gewohnt entwickelt. Zudem können Rückstände von Varroabekämpfungsmitteln, aber auch von Pflanzenschutzmitteln ab einer Konzentration von 0,5 mg/kg auch in den Honig wandern.
Mittelwandkauf ist Vertrauenssache, weshalb viele Imker sie aus eigenem Wachs selbst herstellen bzw. dieses umarbeiten lassen.
Die Lösung: Ein Wachsstandard?
Wünschenswert wäre also, dass auch Mittelwände besser kontrolliert werden. Wachs mit erheblichen Verfälschungen und Rückständen könnte so aus dem Verkehr gezogen werden. Deshalb hat der Deutsche Imkerbund (D.I.B.) zusammen mit Wissenschaftlern wie Dr. Andreas Schierling, der beim Bienengesundheitsdienst Bayern für die Rückstandsanalytik zuständig ist, ausgearbeitet, welche Qualität das Wachs haben sollte. Heraus kamen folgende Ziele: Es darf pro Wirkstoff höchstens eine Belastung von 1 mg/kg auftreten; Verfälschungen dürfen höchstens zwei Prozent des Wachses ausmachen, und das Bienenwachs muss keimfrei sein. Von den Umarbeitern erwartet der D.I.B., dass sie so transparent arbeiten, dass die Herkunft und Verarbeitung der Mittelwände rückverfolgt werden kann.
Um die Wachsumarbeiter mitzunehmen, schickte der D.I.B. ihnen letzten Sommer einen einseitigen Fragebogen. Hier konnten die Betriebe darlegen, wie sie bisher arbeiten und ob sie die gewünschten Grenzwerte schon einhalten könnten. Von 42 Umarbeitern meldeten sich 15 zurück. Die Rückmeldungen waren unterschiedlich: Die meisten Betriebe befürworteten das Ziel, die Wachsqualität zu regulieren, und arbeiten bereits so, dass sie die Massgaben erfüllen können. Andere wiederum können die Vorgaben noch nicht erfüllen und befürchten, dass sie nicht mehr konkurrenzfähig sind, wenn die Kosten für die Wachsanalysen ansteigen.
Knackpunkt Rückstandsgrenzen
Ein Knackpunkt der D.I.B.-Forderung ist die Höhe der Rückstandsgrenzen. Auch hier gehen die Meinungen auseinander. Manche finden, dass sie niedriger angesetzt sein sollten, andere warnen vor zu niedrigen Grenzen. Wachs-Experte Dr. Klaus Wallner schrieb beispielsweise in der bienen&natur-Ausgabe 02/20: «Würde man 0,01 mg/kg als tolerierbare Grenze festschreiben, gäbe es kein handelsfähiges Bienenwachs mehr. Der Markt würde zusammenbrechen.» D.I.B.-Präsident Ellmann meint ebenfalls: «Die Höchstwerte kann man natürlich immer noch verschärfen. Wenn ein Wachsstandard aber steht, lassen sie sich kaum mehr lockern.» Das gilt auch für die Zwei-Prozent-Grenze bei den Verfälschungen – hier gibt es die Bedenken, Fälscher könnten das Wachs genau zu dieser Grenze strecken.
Wenn man die Mittelwand einlötet, hat das Wachs schon einige Bearbeitungsschritte hinter sich. In einer Online-Übersicht zeigen wir, wie man Wachs erntet, wie der offene Wachskreislauf funktioniert, aber auch, wie man es säubert. Denn Wachs ist ein vielseitiger Rohstoff: Man kann daraus nicht nur Mittelwände machen, sondern auch Kerzen, Salben oder Bienenwachstücher.
Was der D.I.B. für Mittelwände fordert
Maximalgehalt für Rückstände: Rückstände wie Varroabekämpfungs- oder Pflanzenschutzmittel dürfen pro Wirkstoff nicht mehr als 1 mg/kg betragen.
Maximalgehalt für Verfälschungen: Verfälschungen dürfen höchstens zwei Prozent des Wachses ausmachen.
Keimfreiheit: Das Wachs darf keine Keime enthalten.
Freiwillige oder gesetzliche Kontrolle?
Welche Auswirkungen ein Standard auf den Wachsmarkt haben würde, ist noch unklar. Wären die Forderungen verpflichtend, müsste das Wachs regelmässig in Laboren überprüft werden. Doch auch diese Analysen kosten Geld – die Preise für reines Bienenwachs könnten also weiter ansteigen. Zudem verkaufen auch viele Imker überschüssiges Wachs an die Umarbeiter. Es wäre denkbar, dass diese dann ebenfalls ein Zertifikat für das Wachs fordern, um sich abzusichern. Solche Zertifikate könnten den Handel mit Wachs also transparenter machen, aber gleichzeitig auch erschweren.
Mittlerweile ist auch nachgewiesen, dass 2016 eine grosse Menge des Stearinwachses aus China nach Deutschland kam. Dazu Ellmann: «Es ist wie beim Honig: Wenn wir deutschen Imker nicht genügend Wachs produzieren, wird es eben importiert. Deshalb sollten die Imker schauen, dass sie genügend gutes Wachs ernten.» Nach der Auswertung der Umfrage hatte der D.I.B. Kontakt zum Bundeslandwirtschaftsministerium. Das Ministerium gibt zu bedenken: Sind die Höchstwerte erst einmal in einem Gesetz verankert, lassen sie sich nicht mehr so leicht verändern. Der D.I.B. favorisiert daher vorerst einen anderen Weg: Die Wachshändler sollen sich mit einer freiwilligen Selbstverpflichtung an die Forderungen halten. In einem nächsten Schritt könnten die Anforderungen in einem neutral prüfbaren Standard verankert werden. Betriebe, die hier mitmachen, dürften ihr Wachs dann mit einem Qualitätssiegel verkaufen. Gibt es dann immer noch Probleme mit der Wachsqualität, könnte ein Gesetz folgen.
Quelle: Bienen & Natur